Die drei Blumen

Die drei Blumen

 

Setzt Euch ans Feuer und lauschet meiner Geschicht, die ich Euch erzählen möchte - ein Lied aus vergangenen Zeiten.

Einst streifte ein junger Landgraf durch die Wälder, fernab von seiner Heimat, um seine Braut zu finden. Gar lang ward er unterwegs. Lichte Höh'n hatte er bereist und dunkle Täler durchschritten. Des nachts rastete er unter freiem Himmel und sprach zu den Sternen: „ Ach, würd' ich nur eine Maid finden, die mir ebenbürtig ist, ein reizend' Wesen, gar zart wie eine Rose, so schlau wie des Waldes Jäger - der Fuchs. Ach, würd' ich sie doch finden, mit einem Wesen, so rein wie des Berges Quell.“
So schlief er Nacht für Nacht neben seinem Schwerte ein und des Tages wanderte er weiter, weiter durch Steppen und über Gebirge.
Eines Nachts trat eine Gestalt, als er wieder die Worte gesprochen hatte und dabei eingeschlafen ward, an ihn heran und flüsterte ihm zu: „Ich will Euch geben, was du verlangst. Doch, junger Landgraf, müsst Ihr drei Aufgaben lösen und die Dinge, die Ihr erlangt, zu mir bringen. Dann bekommt Ihr das, was Ihr begehrt. Zum Zeichen, dass es wahr war, was ich zu Euch sprach, werde ich eine Lilie neben Euch legen. Sie steht für Wahrheit und Ehre.“ Der junge Landgraf nickte im Schlafe der Gestalt zu und fiel in sanfte Träume.
Als er erwachte, erblickte er die Lilie und erinnerte sich an die sanften Worte. Sie klangen gütig und stimmten ihn fröhlich. Er nahm die Lilie und ging zu einer nahen Quelle, um sich zu erfrischen. Als er sich wusch, erblickte er plötzlich das Gesicht eines gräulichen Ungeheuers im Wasser und schrak zurück. „Was willst du von mir?“, fragte der Prinz mit zitternder Stimme.
„Ich möchte dir deine erste Aufgabe verkünden. Hör mir zu, hör mir genau zu und sieh hin, was ich dir zeige. Tief, in einem nahegelegen Wald, gibt es einen See. So friedlich und wunderschön dieser See auch sein mag, so gefährlich ist er auch. Bringe mir die Seerose, die sich zur zwölften Stunde öffnet und deine erste Aufgabe wird bestanden sein. Ruhe dich aus und stärke dich. Du wirst alle Kräfte, die dein sind, brauchen.“
Neben dem Prinzen stand plötzlich ein Tisch mit allerlei Köstlichkeiten. Er setzte sich und stärkte sich, wie die gräuliche Gestalt ihn geheißen hat. Danach legte er sich auf sein Lager und döste vor sich hin. Die Sonne stand sehr hoch am Himmel und das Zwitschern der Vögel ließ ihn versinken und träumen. Als es Abend ward, machte sich der junge Landgraf auf den Weg. Stunde um Stunde verging als er sich einen Weg durch den Wald bahnte. Am Ziel angekommen traute er seinen Augen nicht. Der See war aus Eis und in seiner Mitte glitzerte ganz aus Eis die Rose.
Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den nächsten. Hatte die Gestalt nicht von Gefahren gesprochen? Wenn dies die einzige Gefahr war, dann konnte er nur darüber lachen. Jetzt war die Rose fast schon zum greifen nah, nur noch ein kleines Stück, doch als er sie greifen wollte, ging ihm etwas durch den Kopf.
Wie soll ich die Rose nehmen, soll ich sie brechen? Soll ich ihr mit meinem Schwert den Kopfe abschlagen? Nein, dies ist bestimmt nicht des Rätsels Lösung. Langsam und in Gedanken verloren lief er hin und her. Grübelnd und am Kinn reibend setzte er sich nieder.
Der Vollmond stieg über die Wipfel der Tannen und der erste Mondstrahl ließ die Rose erblühen. Nun kam ihm eine Idee. Langsam trat er an sie heran und hauchte ihr seinen warmen Atem entgegen - der Lebensatem. Die Rose taute und erstrahlte in ihrer ganzen Farbenpracht. Endlich konnte er sie entgegennehmen. Plötzlich bebte der Boden und ihm wurde wieder bewusst, dass er mitten auf dem See stand. Das Eis begann zu tauen. Schnell waren seine Schritte. Unter seinen Füßen barst die Spiegelfläche und brach entzwei, aber er schaffte es heil bis zum Ufer. Aus dem Dickicht trat ein Schatten, der größer und breiter ward als ein Fels. „Du hast die Ruhe und den Frieden des Sees zerstört und wirst dafür bezahlen müssen, denn ich bin der Hüter der Seerose, des Sees und des Waldes.“
Mutig griff er zu seinem Schwert und bekämpfte das Ungetüm und ging als Sieger hervor. Vom Kampfe erschöpft, lief er zu seinem Lager und sank nieder. In seinem Traum sah er eine weibliche Gestalt und er erkannte die gütige und sanfte Stimme wieder. Ihm war nicht wohl, da er sich an das hässliche Antlitz erinnerte, aber da waren diese wundervollen Augen, diese smaragdgrünen Augen, die ihn faszinierten. Die Stimme flüsterte ihm zu : „Junger Landgraf, habt Dank für die Seerose. Die erste Aufgabe habt Ihr gelöst und nun möchte ich Euch die zweite nennen. Wandert der Sonne entgegen, immer dann, wenn sie am höchsten steht. Nach drei Tagen werdet Ihr in ein Land kommen, das vom Feuer beherrscht wird. Dort werdet Ihr wieder eine Blume finden, die Feuerblume. Bringt mir diese Blume und Ihr habt die zweite Aufgabe bestanden.“
Als er erwachte, packte er seine sieben Sachen und machte sich auf den Weg. Die Sonne stand gerade am höchsten und schien erbittert nieder. Ein Tag nach dem anderen verging und er spürte, dass er immer näher kam, es wurde immer heißer. Die Farben änderten sich und die Wesen, die ihn beäugten, ebenso. Nichts war mehr so, wie es schien. Vögel flogen empor und rieselten als Asche nieder. Von denen hatte er schon gehört, aber noch nie einen gesehen. Überraschend stolperte er über einen kleinen Drachen. Zumindest sah das Tier so aus, aber eigentlich war das Wesen viel zu winzig, um einer zu sein. Er hatte immer nur Geschichten gehört und Bilder gesehen, in denen Drachen riesig waren. Nie hätte er geglaubt, dass sie in Wirklichkeit so klein sein sollten, aber es war so.
Etwas an dem Drachen erschien ihm merkwürdig vertraut. Ja, es waren diese wundervollen, grünen Augen. So folgte der Landgraf diesem eigentümlichen Drachen, bis er zu dem Ort gelangte, an dem er die Blume erblickte. Sie war wundervoll. Die Blätter brannten tatsächlich. Sie loderten hoch empor, es war ein faszinierendes Schauspiel. Doch wie sollte er sie pflücken? Er würde sich an dem Feuer verbrennen. Wie in der Liebe, kam ihm ein Geistesblitz und er hatte gleich eine zündende Idee. Er musste die Flammen ersticken.
Ruhig nahm er seine Decke aus seinem Rucksack und deckte sie behutsam über die Blume. Die Flammen erloschen und er konnte die Feuerblume an sich nehmen. Doch als er sie in Händen hielt, erloschen auch die Farben der Welt, in der er sich befand. Die Herbstfarben, in die das Land getaucht war, wurden grau, alles erstarb. Er schnappte seine Sachen und rannte. Alles um ihn verendete, während er flüchtete, doch er hatte seine Aufgabe erfüllt. Er hatte die Feuerblume.
Nach einer Weile gelangte der junge Landgraf in ein kleines Waldstück und schlug dort sein Lager auf. Er war müde und seine Schuhe hatten mittlerweile so große Löcher, dass man eine Kartoffel hindurchstecken konnte. Seine Füße schmerzten. So legte er sich neben dem prasselnden Feuer nieder und schlief ein.
Als er nächsten Morgen gemächlich erwachte, sah er eine alte Frau vor sich. Sie hatte das Feuer geschürt und kochte darauf einen heißen Brei. Ihre Kleider waren ganz zerschlissen, die Kapuze ihres Mantels hatte sie tief in ihr Gesicht gezogen. Mühsam setzte er sich auf und grüßte sie, obwohl ihm dies sehr merkwürdig erschien. Er versuchte ihr Gesicht zu sehen, denn etwas kam ihm vertraut vor an diesem alten Weib. Der junge Landgraf dachte nicht weiter darüber nach und aß den angebotenen Brei. Vielleicht erinnerte das Mütterchen ihn an seine Großmutter, wie seltsam dies auch war. Die Alte setzte sich neben ihn und sprach: „Ich bin gekommen um dir Dank zu sagen für die Feuerblume und dir die nächste Aufgabe zu nennen, die letzte Aufgabe.“
Der Landgraf setzte sich auf und spitzte seine Ohren. Während sie aß, erzählte sie weiter.
„Jüngelchen, höre mir genau zu. Du musst dem aufgehenden Mond folgen. Nach einiger Zeit wirst du in die Welt des Windes gelangen. Dort wirst du eine Blume finden, die hoch über einem Dorf schwebt. Diese Blume zu holen wird deine Aufgabe sein. Aber sieh dich vor!“ Mit den Worten ward das Mütterchen verschwunden.
Er nahm seine Schuhe, versuchte sie zu flicken und dachte über die Aufgabe nach. Er saß lange und überlegte, aber er kam nicht darauf. Es wollte ihm einfach nichts einfallen.
Der Tag ging dem Ende entgegen, doch der Landgraf ward gestärkt. Er hatte alles zusammen gepackt, seine Schuhe würden diesen Weg noch mit ihm gehen.
Es war ihm unheimlich zumute, im Dunkeln durch die Welt zu reisen. Die Geräusche und die plötzlichen Bewegungen um ihn herum brachten ihn zum Schaudern, aber warum eigentlich. Er war doch mutig, geradezu heldenhaft. Ja, er hatte die ersten Aufgaben bestanden. Er hatte ein Monstrum erschlagen und hatte aus dem Land entkommen können, das erloschen war. Aber irgend etwas hier war anders. Der Landgraf konnte es nicht in Worte fassen.
Nach einigen Tagen erreichte er ein wunderliches Land. Er konnte es sehen, da wo er stand, ward Tag. Doch auf der anderen Seite ward Nacht. Zögernd übertrat er die Grenze. Das Dorf konnte von weitem auch schon erblickt werden. Er atmete tief durch und schritt mutig drauflos. An der Dorfgrenze angekommen sah er auch die Blume. Sie strahlte silberner als der Mond. Doch der junge Mann hatte keine Idee, wie er sie bekommen sollte. Er ließ sich auf dem Rand eines Brunnens nieder und stützte seinen Kopf in seine Hände. Lange saß der Landgraf dort und dachte nach, bevor er sich das Dorf genauer betrachtete. Es schien ausgestorben zu sein. Keinerlei Lichter brannten in den Fenstern. Totenstill ward es in der Nacht. Nur die silberne Blume, die hoch am Himmel stand, spendete Licht. Er ging auf und ab. Sollte er wirklich an der letzten Aufgabe scheitern? Diese verdammte Blume, wie war an sie heranzukommen? Er wollte sie doch so sehr. Dann fiel ihm etwas ein. Was man liebt oder unbedingt erreichen wollte, musste man auch loslassen können - oder etwa nicht? Nur wer wahrhaft liebt, kann bedenkenlos freigeben, was sein eigen ist.
„Ich gebe Dich frei!“, schrie der junge Landgraf der Blume entgegen und schloss seine Augen. Er ließ sie innerlich frei, wie einen Schmetterling. Aus seiner Hand ließ er sie einfach ziehen. Da geschah es. Die Blume kam ihm entgegen, sank herab und er konnte sie greifen. Des Rätsels Lösung ward gefunden, seine dritte Aufgabe hatte der junge Landgraf bestanden. Und jäh wurde in dieser Welt die Nacht zum Tag. Alles erblühte und erwachte zum Leben. Da, ein Kinderlachen und Marktgeräusche. Menschen kamen aus den Häusern, gähnten und streckten sich.
„Du musst der Prinz sein, der uns alle gerettet hat“, sprach ein kleines Mädchen zu ihm. Verdutzt schaute er nach unten und fragte: „Ich bin doch gar kein Prinz und warum sollte ich euch gerettet haben?“ Da fing das kleine Mädchen zu erzählen an: „ Vor langer Zeit gab es ein Magier, der hatte um die Gunst der Prinzessin gerungen, aber es nicht geschafft. Daraufhin ward er so zornig, dass er einen Fluch ausstieß und das Herz der Prinzessin in 3 Teile spaltete und sie in Blumen verbarg. Den ersten Teil verbarg er in einer Seerose. Dort hatte er ihre Begabtheit, ihr liebevolles und hingebungsvolles Wesen des Herzens eingesperrt. In der zweiten Blume, der Feuerblume, ihre Inbrunst zu lieben. Und die dritte Blume war nur für ihre wahre Liebe vergönnt, die weiß, dass wenn man wahrhaft liebt auch bedenkenlos loslassen kann, damit es zu einem zurück kommt. Nun geh zum Schloss und füge die Teile wieder zueinander!“
Der Landgraf holte die drei Blumen hervor und presste sie an sein Herz. Er machte sich auf den Weg zu einem Schloss, das ihm zuvor nicht aufgefallen war. Zügig eilte er den Hügel empor, durch das Schlosstor, den Thronsaal, bis hin zu den Gemächern der Prinzessin. Ein Diener machte ihm Mut, endlich die Klinke hinunter zu drücken, was er dann auch mit Bedacht tat. Da lag sie und schlief. Wie traumhaft schön sie doch war, engelsgleich. Sie hatte langes, güldenes Haar. Vorsichtig trat er an das Himmelbett heran, streifte die durchsichtigen Vorhänge beiseite und legte die Blumen auf sie nieder. Die Blumen verschmolzen miteinander und das Licht ward so grell, dass er erst wieder hinblicken konnte, als es erloschen ward. Langsam öffnete sie die Lider und da erkannte der Prinz die wundervollen, smaragdfarben Augen, in die er sich verliebt hatte.


Nun, was dann kam, dass brauche ich Euch ja nicht zu erzählen, aber eines ist gewiss :
Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

 

°*~Ende~*°

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Für eine bessere Übersicht habe ich unter "Die Mitmachgeschichte" es in "Die Story" und "Umfragen" gegliedert. Ich hoffe, dass es übersichtlich ist, wenn nicht - einfach Mailen!
Liebe Grüße
Sylvia
 
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